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Re-Inventing Radio Eine Klausurtagung zu Fragen der Radiokunst.
29.07.-31.07.2004 concertraum, Speicher Katharinenberg


RadiokünstlerInnen und ProducerInnen präsentieren und diskutieren Modelle und Strategien, mit deren Hilfe sie heute in Praxis und Theorie Bilder eines ganz anderen Radios entwerfen. Dabei wird auch die Frage aufgeworfen, ob und wie sich KünstlerInnen dabei in der heutigen technologischen und medienpolitischen Situation noch auf künstlerische Traditionen berufen können.
Die folgenden Zitate, die Aspekte des sich rasch wandelnden Kontextes, in dem Radio-KünstlerInnen heute arbeiten, beleuchten, sind einem Text entnommen, den Matt Smith bei der 5. Radiobiennale Mexico City 2004 vorgetragen hat. Matt Smith hat seit 1999 eine wöchentliche dreistündige Live-Radioshow bei CITR, Vancouver, einem der traditionsreichsten Universitätssender der Welt.

"Innerhalb der Medienlandschaft, ihrer Distribution und Produktion stellt Radio ein einzigartiges, weit über ein konventionelles Broadcasting- oder Hintergrundmedium hinausgehendes Phänomen dar. Radio bedeutet nicht nur einen greifbaren Apparat noch ausschließlich ein von klaren Erwartungen geprägtes Format der Präsentation von Inhalten, sondern vor allem auch eine eigenständige Technologie, die heute als Träger digitaler Daten zu einem Grundpfeiler der Entwicklung der 'modernen' Medienproduktion und Distribution geworden ist ..."

"Bis vor kurzem wurde Radio als ein vorwiegend zeitbasiertes Medium begriffen. Wenn ein Programm einmal gesendet war, verschwand es bis zu einer eventuellen Neusendung. Heute speichern viele Radiostationen online eine Auswahl aus ihrem Programm über einen längeren Zeitraum, sodass HörerInnen ihren ganz eigenen Programmablauf gestalten können ..."

"Die Einführung tragbarer Digitalplayer markiert eine grundlegende Veränderung der Rezeption von Radio. Sie ermöglichen die übergangslose Mischung von Live-Inhalten mit einer personalisierten Auswahl aus gespeicherten Radio-Angeboten. Wenn ein Auto beispielsweise mit einem UKW-Empfänger und einem MP3-fähigen CD-Player ausgestattet ist, kann man das UKW-Radio so einstellen, dass es sich im Falle einer aktuellen Nachrichten- oder Verkehrsmeldung eines lokalen Senders in die Audio-Wiedergabe einblendet. Wenn die Autofahrer also, während die Live-Verkehrsmeldung hereinkommt, gerade dabei sind, sich den auf CD gebrannten Download der Sendung einer unabhängigen Station irgendwo in der Welt anzuhören, haben wir den nahtlosen Übergang, bzw. die komplette Konvergenz zwischen traditionellen und zeitgenössischen Vorstellungen von Radio."

"... wenn man die übliche Trennung zwischen Format und Technologie einmal außer Acht lässst, wird das heutige Erscheinungsbild von Radio als Medium und Technologie nicht nur von UKW und Mittelwelle geprägt, sondern auch von Handies, WLANs, Satellitenkommunikation, den traditionellen Amateur- und CB-Radiosystemen und selbstverständlich auch den verschiedenen Mikrotransmittern, die entweder privat aber auch für Makrobroadcasting in überschaubaren Gebieten verwendet werden. Die Kombination dieser verschiedenen Technologien bringt Radio ironischerweise wieder zurück zu seinen ursprünglichen Intentionen, nämlich zur Zweiweg-Kommunikation."

"... die neueren Methoden der Kommunikation druchdringen die traditionellen Sendemedien. Sie stellen einen konzeptuellen Einstieg in die ungeheuren Möglichkeiten dar, die sich aus der Vernetzung all der unterschiedlichen Kommunikationswege zur Herstellung neuer Räume der Artikulation und Interaktion ergeben ..."

"Um diese mächtigen Werkzeuge auch einsetzen zu können, muss man die verschiedenen Beziehungen zwischen Medien, Technologie und Gesellschaft verstehen. Wir erleben eine sehr aufregende Periode, weil zur Zeit gerade viele Barrieren, die den Zugang und die Inhalte der Medien im allgemeinen regeln, ausgehöhlt werden, und zwar genau aufgrund der Vielfalt der Möglichkeiten ihrer Verwendung."

"Wenn man all dies in Betracht zieht, schaut es für die unabhängige Medienproduktion gar nicht so schlecht aus. Nie zuvor hat es so viele Möglichkeiten zur Kommunikation und zum Austausch von Ideen und Arbeiten gegeben. Vorausgesetzt, dass KünstlerInnen und unabhängige ProduzentInnen ganz vorne dran bleiben und die angebotenen Technologien auf ihre Art voll ausreizen, ja missbrauchen, könnte es möglich sein eine gewisse Kontrolle über die Zukunft unserer Kultur von jenen Konzernen zurückzugewinnen, die heute die Macht über die Medien in der Hand haben."